Dies ist Teil 8 meiner neuen mehrteiligen Serie zur professionellen Hörbuchproduktion in Eigenregie. Ab sofort folgen wöchentlich alle weiteren Artikel, die von A bis Z erklären, wie man von der Idee zum fertigen Hörbuch in den Shops kommt. Alle Inhalte sind auch gesammelt als Buch und E-Book erhältlich. Sämtliche Links dazu finden sich auch noch einmal am Ende des Textes.
Akustik zählt: Der Aufnahmeraum
Eine ganz wesentliche Frage bei der Hörbuchproduktion lautet: Wo soll ich aufnehmen? Es ist natürlich klar, dass sich nicht jeder für die Hörbuchaufnahme extra einen speziellen Studioraum einrichten kann. Daher wird in den allermeisten Fällen ein anderes Zimmer temporär für diesen Zweck genutzt werden. Das kann ein Arbeits-, Wohn- oder Gästezimmer sein. Wichtig ist, dass der Raum gut klingt, nicht allzu klein ist und vor allem nicht gefliest ist. Damit scheiden das Badezimmer und die Küche logischerweise meist aus. Jeder, der schon einmal in der Badewanne gesungen hat, weiß, dass die Akustik nicht besonders ist. Harte, glatte Oberflächen, wie Fliesen, Fensterscheiben oder Spiegel reflektieren den Schall besonders gut und sorgen im Zusammenspiel mit den relativ kleinen Abmessungen dieser Räume für eine hallende Akustik, in welcher die Sprachverständlichkeit leidet. Das ist genau das Gegenteil dessen, was wir erreichen wollen. Unser Aufnahmeraum soll wenig hallen und vergleichsweise „trocken“ klingen. Es ist als erste Maßnahme sinnig, durch die in Betracht kommenden Räume zu gehen und einmal in die Hände zu klatschen. Der Raum, in dem es am wenigsten hallt und der am natürlichsten klingt, sollte den Vorzug bekommen.
Komfort und Arbeitsklima beim Aufnehmen
Ein weiterer Aspekt ist der Komfort beziehungsweise das Arbeitsklima. Sie sollten sich in dem Aufnahmeraum wohlfühlen, denn ein komplettes Hörbuch einzusprechen, dauert relativ lange. Ein unbeheizter, feuchter Kellerraum ist also nicht sonderlich gut geeignet. Tageslicht und Belüftbarkeit ist von Vorteil, solange keine großen reflektierenden Fensterfronten in unmittelbarer Nähe der Aufnahmeposition sind. Der Raum sollte in jedem Fall groß genug sein, dass sich Schreibtisch, Computer und Aufnahmetechnik dort unterbringen lassen.
Welche üblichen Probleme gibt es? So gut wie kein normaler Wohnraum wird für die Audioproduktion sofort optimal geeignet sein, vielmehr wird jeder Raum gewisse Schwachstellen haben, mit denen man umgehen muss und kann. Bereits erwähnt wurde der Hall, der entsteht, wenn der Schall von glatten Flächen reflektiert wird, ohne zerstreut zu werden. Am schwierigsten sind kleine quadratische Räume, da diese je nach Geometrie einige Frequenzen stark überbetonen (Stichwort: „Stehende Wellen“). Demnach ist ein größerer und nicht quadratischer (idealerweise unsymmetrischer/abgeschrägter) Raum die beste Wahl. Ein Raum mit großen Polstermöbeln und dicken Vorhängen wird zudem von Haus aus angenehmer und trockener klingen.
Nebengeräusche und Reflexionen
In jedem Raum können Nebengeräusche auftreten, seien es knarzende Dielen, laufende Elektrogeräte, tickende Uhren, vorbei rumpelnde LKW oder der unsäglich laute Fernseher von Oma Hildegard im ersten Stock. All dies gilt es weitestgehend zu minimieren. Sofern möglich positionieren Sie Ihr Aufnahme-Setup samt Mikrofon eher in die Mitte des Raumes und damit etwas weiter von Wänden und vor allem Ecken weg. Denn in Ecken werden meist bestimmte Bassfrequenzen überbetont.
Klang mit Akustik-Elementen optimieren
Wie kann ich den Raum optimieren? Um den Raumklang zu verbessern und Probleme zu mildern, eignen sich diverse akustische Elemente, so etwa dicke Vorhänge, das Abhängen mit Bühnen-Molton, der Selbstbau von Breitband-Absorbern (etwa aus Stein- oder Glaswolle) oder der Kauf von fertigen Akustikelementen und Mikrofon-Abschirmungen. Eine gute Anleitung zum Selbstbau findet sich in den Links am Ende des Buches. Um direkte Reflexionen ins Mikrofon zu mildern, kann man einen sogenannten „Mic-Screen“, drumherum bauen. Dies ist eine Art mobiler Absorber und Diffusor. Einige Modelle hier sind: the t.bone Micscreen LE (ca. 50 Euro), SE Electronics RF-X Reflexion Filter (ca. 80 Euro), Vicoustic Flexi Screen Ultra MKII (ca. 150 Euro) oder der SE Electronics Reflexion Filter Pro (ca. 175 Euro).
Selbstbau einer Sprecherkabine
Eine andere Möglichkeit, die man in Foren häufiger liest, ist der Bau einer Sprecherkabine im Raum. Diese relativ kleinen Kabinen sollen den Sprecher und das Mikro von den Nebengeräuschen und dem Hall des Raums abkoppeln. Das ist natürlich prinzipiell ein gutes Konzept, bei dem man mit entsprechender Nachbearbeitung zu relativ guten Ergebnissen kommen kann, aber es gibt auch Probleme beziehungsweise Nachteile. Damit es nicht klingt, als hätte man das Hörbuch mit dem Kopf in einer Holzkiste eingesprochen, muss man die Kabine relativ stark dämpfen. Oft wird dies mit Akustikschaum gemacht, der unter den Bezeichnungen „Noppenschaum“ oder „Pyramidenschaumstoff“ verkauft wird. Dieses Material hat natürlich eine dämpfende Wirkung, allerdings muss man wissen, dass es aufgrund seiner Beschaffenheit hauptsächlich hohe und mittlere Frequenzen „schluckt“. Übertreibt man es mit diesen Schaumplatten, klingt der Raum (oder die Kabine) dumpf und basslastig. Die Brillanz geht verloren und die Stimme klingt wummernd und undefiniert.
Wahl der Absorber ist entscheidend
Wenn man dem entgegenwirken möchte, empfiehlt sich für das Dämpfen der Kabine ein Absorber, der eher breitbandig über den gesamten Frequenzbereich wirkt. Das kann wieder die oben erwähnte Glas- oder Mineralwolle sein, die man in mindestens zehn Zentimetern Dicke anbringt und mit Stoff bespannt. Bei der Arbeit mit diesem Material (vor allem, wenn es geschnitten wird) sollte aber auf die nötigen Schutzmaßnahmen geachtet werden, sprich: gute Belüftung, Handschuhe, Mundschutz und dergleichen. Man möchte die kleinen Fasern weder einatmen noch auf die Haut bekommen, da sie unangenehm jucken.
Wenn man überlegt, eine Kabine zu bauen, sollte man ebenfalls den Komfort bedenken. Es kann sehr unangenehm werden, stundenlang in einer kleinen, fensterlosen Kabine ohne Belüftung und Tageslicht zu sitzen. Daher sollte man die Kabine nicht zu klein dimensionieren, ein Fenster einbauen oder ausreichend Lüftungsöffnungen integrieren. Außerdem sollte man sich bewusst sein, dass eine kleine Kabine nur zum Stehen geeignet ist. Das ist für Hörbucharbeit eher ungewöhnlich und nachteilig, da es über längere Zeit recht anstrengend werden kann. Womöglich ist es also angenehmer, auf die Kabine zu verzichten und stattdessen den Aufnahmeraum mit moderaten Maßnahmen zu optimieren. Die übrigen Probleme des Raumes lassen sich auch mittels Software in der Nachbearbeitung angehen.
Das Buch zur Artikelserie
In diesem Buch, das als Taschenbuch, Ringbindung und E-Book erhältlich ist, habe ich alle relevanten Inhalte zur Hörbuchproduktion in Eigenregie zusammengefasst und mit Bildern illustriert.
Einem gut produzierten Hörbuch hört man nicht an, wie komplex der Produktionsprozess dahinter ist. Es soll auf mitreißende Art eine Geschichte erzählen, während die Technik ausgeblendet wird. Die vielen Schritte, die bei seiner Entstehung nötig sind, sollen im Hintergrund bleiben. Damit eine Produktion gelingen kann, müssen viele Faktoren zusammenkommen: passende Technik, eine gute Akustik, eine optimale Vorbereitung des Manuskripts, eine klare Aussprache und Betonung des Sprechers, eine präzise Nachbearbeitung und ein Mastering, das den Anforderungen der gängigen Shops und Portale entspricht. Will man dies als Autor selbst und ohne externe Dienstleister meistern, gilt es schon vor Beginn des Aufnahmen einige essenzielle Fragen zu klären und sich mit den Tücken der Audio-Produktion vertraut zu machen. Dieses Buch soll genau hierbei Hilfe leisten und als Leitfaden alle Grundlagen und Schritte von A bis Z auf verständliche Weise erklären und anhand von Beispielen verdeutlichen. Nach der Lektüre werden Sie fit sein, ins Abenteuer Hörbuchproduktion zu starten.