Hörbuch selbst produzieren: Teil 3 (Das richtige Mikrofon)

Dies ist Teil 3 meiner neuen mehrteiligen Serie zur professionellen Hörbuchproduktion in Eigenregie. Ab sofort folgen wöchentlich alle weiteren Artikel, die von A bis Z erklären, wie man von der Idee zum fertigen Hörbuch in den Shops kommt. Alle Inhalte sind auch gesammelt als Buch und E-Book erhältlich. Sämtliche Links dazu finden sich auch noch einmal am Ende des Textes.

Qualität nicht schon am Anfang verschenken

Ein mit gut 100 Euro relativ günstiges Großmembranmikrofon, das aber klanglich einiges zu bieten hat: das MC-700 von Recording Tools.

Entscheidend für die Tonqualität ist an vorderster Front das Mikrofon. Was hier an Qualität verschenkt wird, lässt sich nachher in aller Regel nicht mehr zurückgewinnen. Es können später zwar gewisse Unzulänglichkeiten gemildert und Schwächen ausgebügelt werden, aber das sollte immer die Notlösung sein. Das bedeutet jedoch nicht, dass man mehrere tausend Euro in ein High-End-Modell investieren muss. Im Gegenteil: Heute sind für um die 200 Euro mehr als brauchbare Mikrofone erhältlich, bei denen man in Sachen Qualität keine allzu großen Abstriche machen muss. Es finden sich sogar noch günstigere Modelle, die bei richtiger Handhabung sehr gute Ergebnisse liefern.

Der Preis ist nicht alles bei Mikrofonen

Der Preis ist also kein wirklich aussagekräftiges Kriterium, zumindest wenn man sich klar macht, dass ein batteriebetriebenes Plastik-Mikro für 20 Euro oder ein Handy-Headset nicht unbedingt eine gute Wahl wären. Auch sollten Studiomikrofone mit dreipoligem XLR-Anschluss eingesetzt werden und keine Modelle mit Klinkenanschluss. Dies begründet sich in der sogenannten „symmetrischen Leitungsführung“ bei diesen Kabeln. Sie ermöglicht es, dass Störgeräusche, die auf dem Kabelweg zwischen Mikro und Interface entstehen, automatisch ausgefiltert werden. Bei unsymmetrischen Kabeln kann es schnell zu Brummen oder anderen unangenehmen Störungen kommen.

Die gängigen Mikrofontypen

Für Sprach- und Gesangsaufnahmen werden in der Regel zwei Arten von Mikrofonen eingesetzt: Großmembran-Kondensator-Modelle oder dynamische Tauchspulen-Mikrofone. Dynamische Bändchen-Mikrofone sind aufgrund ihrer Charakteristik (Acht) eher ungeeignet und auch Kleinmembran-Kondensator-Modelle werden im Studio für Sprache kaum verwendet. Die für Video-Anwendungen beliebten Ansteckmikros (Lavaliermikrofone) sind für die Hörbuchaufnahme ebenfalls nicht gut geeignet. Erstens, weil sie eine Kugelcharakteristik besitzen und relativ viel Umgebungston aufnehmen können, und zweitens, weil sie bei Körperbewegungen Rascheln und andere Störgeräusche recht laut aufnehmen.

Der Einfachheit halber sprechen wird deshalb im Folgenden von Kondensatormikros und dynamischen Mikros. Beide haben Vor- und Nachteile, die man bei der Sprachaufnahme gezielt nutzen kann. Wir wollen nicht ins Detail gehen, warum welches Mikrofon gewisse Eigenschaften besitzt und ein anderes nicht, wesentlich ist, zu wissen, dass Kondensator-Mikros in der Regel mehr Brillanz besitzen, heller und artikulierter klingen. Sie nehmen im Gegenzug aber auch mehr Umgebungsgeräusche auf, sind anfälliger für Atemgeräusche und sind empfindlicher gegen Plosive (Pop-Laut beim P und B).

Dynamische Mikros sind robust und störunanfällig

Das dynamische Podmic von Røde ist für Sprachanwendungen unter anderem im Bereich Podcasting sehr beliebt und zeigt sich trotz seines moderaten Preises sehr leistungsfähig und robust.

Dynamische Mikrofone sind robuster und weniger empfindlich gegen Störgeräusche und eignen sich vor allem dann, wenn man in akustisch nicht idealen Räumen aufnimmt. Im Podcasting sind dynamische Mikros, die für Sprachanwendungen optimiert wurden, durchaus beliebt. Sie eignen sich ebenfalls sehr gut für die Hörbuchaufnahme. Da diese Modelle – anders als Kondensatormikros – oft einen eher geringen Audio-Pegel ausgeben, muss das Signal entsprechend verstärkt werden. Dabei gilt es, nicht das Grundrauschen zu weit zu erhöhen, da dies sonst die Aufnahmequalität negativ beeinflussen kann. Weitere Hinweise dazu im Abschnitt Audio-Interface.

Sonderfall: USB-Mikrofone

USB-Modelle: Einen Sonderfall stellen sogenannte USB-Mikrofone dar. Sie sind eine Kombination aus Mikrofon, Vorverstärker und Audio-Interface in einem kompakten Gerät. Das hat Vorteile, aber auch entscheidende Nachteile. Sollte man es in Erwägung ziehen, ein solches Modell zu verwenden, muss man sich im Vorfeld genau informieren, welche Funktionen unterstützt werden. So sollte man dringend ein Modell wählen, dass einen Kopfhöreranschluss besitzt, damit das Live-Signal des Mikrofons sowie die aufgenommenen Spuren problemlos abgehört werden können. Günstige USB-Mikrofone verfügen nicht über einen solchen Anschluss und sind in Sachen Audio quasi „Einbahnstraßen“. Das erschwert die Arbeit und kann zu einem unzuverlässigen Betrieb in der Praxis führen, da für die Ausgabe des Tons eine zweite Soundkarte oder Interface nötig. Nicht selten führt das zu Problemen mit Software und Treibern. Deshalb kann von diesen Modellen nur abgeraten werden. Zudem kommt es bei USB-Mikrofonen häufiger vor, dass Störgeräusche mit aufgenommen werden, seien es Einstreuung von Handy oder Schnurlostelefon oder auch PC-Störungen über den USB-Anschluss. Diese gilt es unbedingt schon bei der Aufnahme zu vermeiden, da sie sonst einen sehr hohen Arbeitsaufwand in der Nachbearbeitung verursachen oder Aufnahmen gar völlig unbrauchbar machen können.

Kriterien und Ausstattungsmerkmale von Mikrofonen

Bei der Wahl des passenden Mikrofons trifft man auch auf Kriterien und Ausstattungsmerkmale wie Richtcharakteristik, Hochpassfilter, PAD und Ähnliches. Diese sind für die Anwendung Sprachaufnahme kaum relevant beziehungsweise kann deren Wirkung auf anderem Wege kompensiert werden. Die allermeisten Mikrofone besitzen eine sogenannte „Nieren-Charakteristik“, die dafür sorgt, dass es von vorne sehr empfindlich ist, von den Seiten weniger und von hinten fast gar nicht. Auch die Charakteristik Super- oder Hyperniere ist für unseren Einsatz denkbar. Eher schlecht geeignet sind Kugel- und Achter-Charakteristik.
Ein Hochpassfilter am Mikrofon sorgt dafür, dass tieffrequente Rumpel- und Trittschallgeräusche ausgefiltert werden. Jedoch erübrigt sich der Filter am Mikrofon meist, da das Audio-Interface häufig eine solche Funktion zur Verfügung stellt. Oder aber man filtert später in der Software die tieffrequenten Anteile aus. PAD beziehungsweise Pegelabsenkung (meist 10 dB oder 20 dB) ist nur für sehr laute Schallquellen nötig, wie etwa eine Trommel oder Gitarrenverstärker. Für Sprache ist diese Funktion nicht nötig und sollte, falls vorhanden, unbedingt abgeschaltet werden.

Einige empfehlenswerte Mikrofone

Die nachfolgende Liste an Mikrofonen ist nicht als vollständig anzusehen, es gibt durchaus sehr viele brauchbare Modelle. Ich habe für jede Preisklasse einige Empfehlungen aufgenommen, die als Anhaltspunkte für die individuelle Auswahl dienen können.

Kondensator-Modelle bis 100 Euro:
AKG P120, Audio-Technica AT2020, SE Electronics X1A, Recording Tools MC-700.

Kondensator-Modelle bis 250 Euro:
Studio Projects B1 oder B3, AKG C3000, Audio-Technica AT 2035, Lewitt LCT 240 PRO, Røde NT1-A, SE Electronics SE 2200, Aston Microphones Origin, Lewitt LCT 440 PURE.

Hochwertige Modelle im Segment 500 bis 1.000 Euro:
AKG C414, Neumann TLM 102 oder TLM 103, Slate Digital ML-1, Røde NTK.

Dynamische Mikrofon-Modelle:
Røde PodMic (ca. 110 Euro), Presonus PD-70 (ca. 130 Euro), Røde Procaster (ca. 180 Euro), Shure MV 7 (ca. 280 Euro), Shure SM 7 B (ca. 400 Euro), EV RE20 (ca. 520 Euro).

USB-Mikrofone:
TIE Studio USB Desktop Condenser Mic (ca. 85 Euro), M-Audio Uber Mic (ca. 100 Euro), Audio-Technica AT2020 USB+ (ca. 140 Euro), IK Multimedia iRig Mic Studio (ca. 150 Euro), Blue Yeti Studio Blackout (ca. 170 Euro), Røde Podcaster (ca. 200 Euro), Apogee MiC Plus (ca. 215 Euro).

Das Buch zur Artikelserie

Hörbuch selbst aufnehmen: Profesionelle Eigenproduktion von A bis Z
Hörbuch selbst aufnehmen: Profesionelle Eigenproduktion von A bis Z.

In diesem Buch, das als Taschenbuch, Ringbindung und E-Book erhältlich ist, habe ich alle relevanten Inhalte zur Hörbuchproduktion in Eigenregie zusammengefasst und mit Bildern illustriert.

Einem gut produzierten Hörbuch hört man nicht an, wie komplex der Produktionsprozess dahinter ist. Es soll auf mitreißende Art eine Geschichte erzählen, während die Technik ausgeblendet wird. Die vielen Schritte, die bei seiner Entstehung nötig sind, sollen im Hintergrund bleiben. Damit eine Produktion gelingen kann, müssen viele Faktoren zusammenkommen: passende Technik, eine gute Akustik, eine optimale Vorbereitung des Manuskripts, eine klare Aussprache und Betonung des Sprechers, eine präzise Nachbearbeitung und ein Mastering, das den Anforderungen der gängigen Shops und Portale entspricht. Will man dies als Autor selbst und ohne externe Dienstleister meistern, gilt es schon vor Beginn des Aufnahmen einige essenzielle Fragen zu klären und sich mit den Tücken der Audio-Produktion vertraut zu machen. Dieses Buch soll genau hierbei Hilfe leisten und als Leitfaden alle Grundlagen und Schritte von A bis Z auf verständliche Weise erklären und anhand von Beispielen verdeutlichen. Nach der Lektüre werden Sie fit sein, ins Abenteuer Hörbuchproduktion zu starten.

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