Buchblogger versus Selfpublisher – muss das sein?

In den letzten Wochen und Monaten kochte in den sozialen Medien mehrfach das Thema Buchblogger gegen Selfpublisher hoch. Es ergab sich mancherorts eine regelrecht aufgeheizte Diskussion – einerseits darüber, wie (un)fair und authentisch manche Buchblogger agieren und andererseits darüber, wie es eigentlich um die Qualität von selbstverlegten Büchern bestellt ist. Man nimmt nicht viel vorweg, wenn man erwähnt, dass beides stark bezweifelt wurde.

Aus Buchbloggern werden Buchcheerleader

Die Diskussion hatte aber auch konkrete Folgen: Manche Blogger nannten sich spontan in Buchcheerleader um und schufen dazu einen neuen Hashtag, unter dem sie ihre Beiträge veröffentlichen. Ich fand diesen Ansatz durchaus interessant und passend zum Selbstverständnis vieler Buchblogger/innen (oder besser Cheerleader). Aber trotzdem ist es nur ein Name, eine Bezeichnung. Sie spiegelt eher eine oberflächliche Abgrenzung zu den teils als unfair agierenden Bloggern. Der eigentliche Unterschied besteht aber darin, wie die Blogger ihre eigene Rolle sehen und was sie sich selbst von dieser Arbeit versprechen.
Und sagen wir es mal so: Es gibt eigentlich zwei große Triebfedern dafür, dass man seine Zeit dafür opfert, einen Blog und die zugehörigen Social-Media-Kanäle zu füttern. Die eine ist das Geld. Die andere die persönliche Leidenschaft. Letztere ist wiederum etwas, das Blogger und Autoren (gerade Selfpublisher) verbindet. Es gibt viele Autoren, die schreiben, weil sie das Bedürfnis haben, zu schreiben. Sie wollen einfach eine Geschichte erzählen und stellen den kommerziellen Erfolg hintenan. Aber natürlich will jeder Autor Leser finden. Jeder Autor möchte bekannter werden, damit sein Werk gewürdigt wird. Dazu nehmen auch Blogger eine Schlüsselrolle ein, denn sie sind ein Zugang zu neuen Lesern.

Kompass und Wegweiser im Dschungel der Veröffentlichungen

Und auch Blogger möchten sich verwirklichen. Sie tauchen täglich ein in die Welt der Bücher und berichten darüber. Sie rezensieren und wirken dabei als Kompass und Wegweiser im Dschungel der neu veröffentlichten Bücher. Dabei ist es erst einmal unerheblich, ob sie nun aus Verlagen oder von Selfpublishern stammen. Diese Orientierung in der ausufernden Buchlandschaft und die persönlichen Empfehlungen an die eigenen Follower spielen eine ganz wichtige Rolle – nicht nur für die Leser, sondern auch für Autoren, weil beide sonst schnell in der Flut untergehen.
Echte Orientierung können Blogger aber nur bieten, wenn sie ihre wahre Meinung präsentieren, wenn sie authentisch sind und nicht „gekauft“. Aber leider, und das ist auch ein Kritikpunkt der eingangs genannten Diskussionen, sind einige Blogger der Monetarisierung anheimgefallen.

Monetarisierung in Blogs und Verlust der Authentizität

Manchen Bloggern geht es heute auch stark ums Geld. Das beginnt natürlich schon bei Affiliate-Links, bei denen der Blogger eine kleine Provision bekommt, wenn User über den speziellen Link bestellen. Es geht weiter über Werbung mittels Banner bis hin zu Plätzen im Newsletter. Manche verlangen schon Geld, wenn sie überhaupt über ein Buch berichten sollen. Und dabei schaut man natürlich, wo das Geld hauptsächlich herkommt. Einige schließen gezielt Selfpublisher aus. Weil nichts zu holen ist? Nein, nicht offiziell, sondern aus Qualitätsgründen, wie es oft heißt. Das war auch in der Vergangenheit schon oft Anstoß für Diskussionen, denn es bedient die klassischen Vorurteile, dass Selfpublishing und selbstverlegte Bücher die Qualitätskriterien nicht hoch genug halten würden und deshalb mit Verlagsveröffentlichungen nicht mithalten könnten. Und was soll man dazu sagen? Ja, es gibt nicht wenige, bei denen das so ist. Es gibt Bücher, die sind gut geschrieben, haben ein fürchterliches Cover und ein schlechtes Marketing und erreichen deshalb keine Leser. Es gibt Bücher, die einfach inhaltlich und/oder stilistisch schlecht sind, die nicht ordentlich lektoriert wurden. Das gibt es alles. Aber es gibt mittlerweile sehr viele Selfpublisher, die hochprofessionell arbeiten. Sie haben klasse Ideen, die vielleicht in einem Verlag keine Chance haben, weil Verlage zunehmend nur noch auf Mainstream und hochertragreiche Genres setzen. Aber die Autoren haben sich viel Mühe geben, beim Cover, beim Buchsatz, beim Lektorat, so dass kaum erkennbar ist, wo noch der Unterschied zu einem Verlagsbuch liegen soll.
Aber dennoch gibt es noch diese krassen Unterschiede in den Köpfen mancher Blogger – nebenbei bemerkt im Buchhandel finden sich diese teilweise auch. Daran muss man arbeiten, mit guter Qualität und auch professioneller Kooperation.

Gekaufte Meinung, gekaufte Links

Im Bereich der Blogger wird es meiner Meinung nach immer dann schwierig, wenn man sich als Leser nicht mehr darauf verlassen kann, dass man eine ehrliche Meinung bekommt. Ich will nicht, dass mir ein Blogger aus finanziellen Interessen etwas „verkauft“. Aber das gibt es. Blogger, die Geld dafür nehmen, ein bestimmtes Buch vorzustellen, Blogger, die von Verlagen oder von Agenturen bezahlt werden – und das nicht einmal kenntlich machen. Das müssten sie aber!
Nun, es mag sich der eine oder andere die Frage stellen, woher ich das wissen will, ich bin ja eigentlich Selfpublisher und Autor. Aber interessanterweise habe auch ich schon solche Angebote bekommen, ohne dass ich danach gefragt hätte. Ich betreibe eine Webseite und veröffentliche dort Blogartikel zu meiner Autorentätigkeit, zu Hörbüchern und einigen anderen verwandten Themen. Vor kurzem wurde ich dazu von einer Agentur angesprochen, ob ich nicht einen Link auf ein großes Hörbuch-Portal setzen könnte. Ich müsste dazu nichts weiter zu tun, sie könnten mir einen Text liefern, dann gäbe es aber etwas weniger Geld. Oder ich schreibe eben selber einen Text und verlinke auf diese Hörbuchseite (ihr kennt den Anbieter vermutlich alle). Zack, schon hätte ich 150 Euro verdient. Der Haken an der Sache wäre natürlich, dass der Text nicht als Werbung kenntlich gemacht werden soll. An dem Punkt habe ich mich für die Anfrage bedankt und abgelehnt. Ich habe das vor allem deshalb nicht gemacht, weil ich so etwas für unfair und moralisch verwerflich halte. Nicht kenntlich zu machen, dass ich für indirekte Werbung Geld eingesteckt habe, geht einfach nicht. Aber es ist nicht schwer vorstellbar, dass viele Blogger dieser Versuchung erliegen. Das mögen diejenigen sein, bei denen vielleicht die Leidenschaft für die Bücher schon in den Hintergrund getreten ist und die ihren Blog hauptsächlich als Business begreifen.

Monetarisierung ja, aber dann mit Transparenz

Ich möchte nicht generell etwas dagegen sagen, wenn jemand mit seinem Blog, oder seinem Youtube-Channel Geld verdient. Das ist nicht verwerflich. Aber es muss transparent gemacht werden. Und ich als Selfpublisher kann mir in gewissen Szenarien auch vorstellen, dafür zu bezahlen. Etwa, wenn ich gezielt Werbebanner schalten möchte oder Werbung in einem reichweitenstarken Newsletter buchen möchte. Wenn ich erkennen könnte, dass ich damit genau meine Zielgruppe erreiche und der Blog sonst auch authentisch wirkt, könnte man sagen: Okay, ich investiere hier unter dem Stichwort Marketing. Es ist ja ein Gegenwert erkennbar. Und so sehen das glaube ich auch viele Verlage und Shops, nur wollen manche davon eben Schleichwerbung statt offener Werbung.

Kooperation auf Augenhöhe und gegenseitige Wertschätzung

Nachdem dieser Text jetzt viel ernster und dramatischer geworden ist als geplant, möchte ich mit etwas Positivem schließen. Denn ich selbst habe mit Blogger/innen und Buchcheerleadern fast ausschließlich gute Erfahrungen gemacht. Ich hatte das Glück, einige Blogger zu finden, die mit voller Leidenschaft dabei sind und unabhängige Autoren aus ganzem Herzen unterstützen. Mit einigen ergibt sich ein reger Austausch, ein Geben und Nehmen. Und davon haben alle etwas, Blogger, Autor und Leser. Das ist für mich das große Ziel: Mit Partnern zusammenzuarbeiten, die ich schätze, und die auch meine Bücher schätzen. Es ist immer wieder eine Freude, mit diesen zusammen zu arbeiten. Das ist das wirklich Tolle an dieser Buchszene. Gerade Selfpublisher und Buchblogger, die oft Einzelkämpfer sind und sich irgendwie durchschlagen, sollten noch viel stärker zusammenhalten. Statt sich in aufgeblasenen Diskussionen gegeneinander aufzuwiegeln und Mauern zu errichten, wo eigentlich gar keine sein müssten, sollte man Kooperation auf Augenhöhe wagen und gegenseitige Wertschätzung in den Mittelpunkt stellen. Daher an dieser Stelle ein großes DANKE an alle, die das genauso sehen und die täglich daran arbeiten, dass die Buchwelt spannend und liebenswert bleibt.

Ein Kommentar

  1. Ein guter und wichtiger Artikel.
    Ich bin Selfpublisher und arbeite gar nicht mit Bloggern, einfach weil ich denke, dass sogar schon der persönliche Kontakt und das Gratisexemplar die Bewertung verfälschen könnte (nicht muss). Außerdem habe ich gar keine Lust, meine Bücher irgendjemanden zu schicken, der sie später rezensiert. Da kostet mich allein die Recherche nach geeigneten Bloggern zu viel Zeit und Mühe. Schließlich will ich ja nicht irgendwem das eigene Werk überlassen. Die Chemie zwischen dem Blogger und mir müsste passen – und wenn sie das dann tut, wie objektiv ist der Blogger dann noch?
    Fragen über Fragen, die ich für mich gelöst habe, indem ich es einfach gleich bleiben lasse:-) Leser finden meine Thriller auch ohne Hilfe.
    Klar, es könnten immer mehr sein, aber ich bin zufrieden. Auch mit den Rezensionen, die so zwar spärlicher kommen, aber dafür erfrischend ehrlich sind – ohne falsche Rücksichtnahme.
    Es würde vermutlich erheblich weniger Blogger geben, wenn es mehr Autoren gäbe, die – wie ich – keine Angst vor 1 bis 3 Sterne Bewertungen haben.

    Andererseits: wer glaubt heute noch den ganzen 5 Sterne Rezensionen?
    Klingen die nicht fast alle wie Fake? Wenn die Begeisterung überschäumt, ist meistens kein wahres Wort dran. Bei mir allerdings klingen sogar die 5 Sterne Bewertungen wie Kritik – weil in jedem echten Urteil auch ein bisschen davon mitschwingt. Ist es nicht so?
    Wie dem auch sei: Blogger, die von Herzen gern lesen und ehrlich urteilen, sind vermutlich so rar gesät wie Autoren, die sich einem echten Urteil stellen. Von beiden Typen wünsche ich mir viel mehr.

    PS. Über ein kommerzielles Interesse am Rezensieren mag ich gar nicht reden, das geht gar nicht. Ich weiß nicht, wer so etwas in Auftrag gibt? Da muss die Angst nicht gesehen, nicht gekauft oder falsch verstanden zu werden, schon übergroß sein. Die ist in meinen Augen allerdings völlig unnötig. Denn Qualität setzt sich immer durch! Oder aber: Erfolg lässt sich nicht erzwingen.

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